Sonntag, 31. Dezember 2017

[Rezi] "Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks" von Cynthia Hand

(c) Bildrechte: Harper Collins ya!
"Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks"
von Cynthia Hand
Originaltitel: The Last Time We Say Goodbye"
Verlag: Harper Collins ya!, 2015
Einzelband
320 Seiten

~Klappentext~
"Es war der zwanzigste Dezember. Hinter mir lagen genau sechs Monate mit Steven. 183 Tage voller Küsse, bevor die Gleichung sich änderte. Unwiderruflich.
Das letzte Mal, dass Lexie glücklich war, war davor. Als sie einen wunderbaren Freund hatte, den Traum, Mathematik zu studieren, und einen Bruder. Tyler. Nun ist sie für die anderen nicht mehr das Zahlengenie, sondern nur noch das Mädchen, dessen Bruder sich umgebracht hat. Um mit der Trauer fertigzuwerden, beginnt Lexie, ihre Gefühle aufzuschreiben. Doch leider ist das Leben keine Gleichung, sonst könnte sie die quälende Ungewissheit auflösen: Tyler hat ihr vor seinem Tod eine SMS geschickt, die sie nicht beachtet hat. Hätte sie alles ändern können? Der Gedanke verfolgt Lexie wie ein Schatten. Bis sie erfährt, was es braucht, um ihr Glück wahrscheinlicher zu machen."

~Meine Meinung~
Wie der Klappentext schon verrät, handelt das Buch von Lexie, aus deren Sicht auch erzählt wird, deren Bruder Tyler Selbstmord begangen hat. Selbstmord ist ein Thema, das ich zuvor als Mittelpunkt einer Handlung noch nicht gelesen hatte. Ich hatte mich aber auf eine emotionale Geschichte mit Tiefgang eingestellt und wurde nicht enttäuscht.

Lexie ist auch Wochen nach dem Tod ihres Bruders noch fassungslos und weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. Weinen kann sie nicht, das Mitleid ihrer Mitmenschen nervt sie und sie kapselt sich von ihren Freunden immer mehr ab. Ihre Mutter ist noch schwerer getroffen, weint fast ununterbrochen und lenkt sich mit Alkohol ab. Lexies Vater, der sich schon vor Jahren von der Mutter getrennt hat und ausgezogen ist, kümmert sich kaum und ist sichtlich überfordert, während er wegen der Trennung von Lexies Mutter noch immer unter der Abneigung seiner Tochter zu leiden hat. Alles in allem eine sehr schwierige Situation.

Ein Therapeut soll wieder Ordnung in Lexies Leben und ihre Gedanken bringen, doch sie sträubt sich, über ihre Gefühle zu sprechen. Und so soll sie ein Tagebuch schreiben, in dem sie ihre Gedanken festhalten und hoffentlich verarbeiten kann. Eben solche Tagebucheinträge wechseln sich immer wieder mit Lexies Erzählperspektive ab.

In Rückblenden erfährt man mehr über Tyler und lernt ihn als sympathischen, vielleicht etwas verschrobenen, aber durchaus lebensfrohen Menschen kennen, der sich aber viele Gedanken macht. Der Selbstmord wird vor diesem Hintergrund anfangs immer unverständlicher, erscheint Tyler doch niemandem wie jemand, der seinem Leben entfliehen will. Doch die Gründe werden zum Ende hin noch verständlicher.

Mit Lexie wird man anfangs nur schwer warm. Sie denkt sehr rational, handelt aber häufig fast schon unverständlich, wenn es bedeuten würde, Tyler "loszulassen" oder zumindest seinen Tod zu akzeptieren und zu verarbeiten. Erst nach und nach entwickelt sie sich und man findet besseren Zugang zu ihr. Lexie braucht einfach eine ganze Weile, um wieder klar zu kommen und auch emotional den Verlust ihres Bruders zuzulassen. Ich konnte das ein ganzes Stück weit nachvollziehen, aber trotzdem will man Lexie häufig schütteln und sie drängen, endlich wieder nach vorne zu sehen und andere Menschen wieder an sich heranzulassen. Dass die SMS, die sie von Tyler kurz vor seinem Tod bekommen hat, solange als "Ahnung" über der Handlung liegt, fand ich auch anstrengend. Es wird fast schon krampfhaft vermieden, dass Lexie sich damit auseinandersetzt, obwohl es einer der wichtigsten Punkte der Handlung ist - schließlich empfindet Lexie nur deswegen Schuldgefühle.

Auch etwas störend fand ich, dass Tyler als Geist und das ganze Drumherum mit dem Glauben an Übernatürliches, vor allem bei einer so rationalen Person wie Lexie, so einen großen Raum im Mittelteil einnahm. Das passte in dem Ausmaß nur schwer in den ernsten Kontext, auch wenn ich verstehen kann, dass man als Angehöriger hofft, den geliebten Menschen irgendwo doch noch um sich zu haben. Zwischendrin hatte ich jedoch die Befürchtung, das Buch würde sich zu einem Fantasyroman entwickeln (was dann doch nicht der Fall war).

Von den kleinen Kritikpunkten abgesehen, ist "Die Unwahrscheinlichkeit des Glücks" jedoch ein wunderbares, ernstes, bedrückendes, emotionales und irgendwo auch Hoffnung spendendes Buch, das ich gerne jedem empfehle, der sich mit der Thematik auseinandersetzen mag.

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