Montag, 10. August 2020

[Rez] "Düsterer Ruhm" von Brent Weeks

 (c) Bildrechte: blanvalet

"Düsterer Ruhm"
von Brent Weeks
Originaltitel: The Blood Mirror
Verlag: blanvalet, 2017
Band 5 (eng. 4) von 7 (eng. 5) | 850 Seiten
[TB] ISBN: 978-3734161018

~Klappentext~
Gavin Guile, der ehemalige Lord Prisma, sitzt in einem Kerker, in dem Albträume wahr werden – und den er selbst geschaffen hat. Sein Sohn Kip, der alles tun würde, um seinen Vater zu befreien, weiß nicht einmal, dass Gavin noch lebt. Stattdessen bricht Kip mit seinen Gefährten auf, um dem schrecklichen Farbprinzen gegenüberzutreten. In diesem Kampf wird sich herausstellen, ob Kip wirklich der prophezeite Lichtbringer ist. Doch ist der Farbprinz der wahre Feind? Denn der Orden des gebrochenen Auges bringt sich bereits in Stellung, um die Macht im Reich an sich zu reißen.
~Meine Meinung~
"Düsterer Ruhm" ist der deutsche 5. Band bzw. der englische 4. Band. Da ich ursprünglich angenommen habe, dies wäre nur die 1. Hälfte des englischen 4. Bandes (da Band 3 auch geteilt wurde), habe ich diesen Band erst jetzt gelesen. Entsprechend ist einiges an Zeit zwischen dem letzten Band und diesem vergangen und ich brauchte ein bisschen, um in die Handlung wieder reinzufinden. Zum Glück gab es zu Beginn eine Zusammenfassung der bisherigen Bände, das hat sehr geholfen!

Die Handlung wird abwechselnd aus den Sichtweisen von Kip, Gavin, Teia und Karris erzählt. Gelegentlich gibt es noch weitere "Zwischen-Stimmen", die aber vom Umfang her nachrangig sind, z.B. Liv und der Kanonier.

Inhaltlich verläuft es relativ ruhig, da es vor allem um die Positionierung der einzelnen Figuren geht, um die Suche nach Verbündeten im Krieg gegen den Weißen König. Jede*r der Charaktere geht dabei einen eigenen, steinigen Weg.

Kip und "die Mächtigen" bringen sich beispielsweise im Blutwald gegen den Weißen König in Stellung, finden dort unter den Einheimischen Verbündete und tragen kleine Schlachten aus, um die Armee des Feindes quasi Häppchen für Häppchen zu schwächen. Relevant ist dabei vor allem die Stellung von Kip, den immer noch viele als Lichtbringer sehen und entsprechend hohe Erwartungen an ihn stellen. Kip geht damit recht souverän um, was ich stellenweise unerwartet fand, ist er doch auch immer wieder unsicher und rutscht gelegentlich in das alte Selbstmitleid zurück. Überhaupt war es überraschend, dass er mit seinem pubertären Haufen Verbündeter so ernst genommen wird... Konnte ich leider nicht immer nachvollziehen.
Großes Thema ist hier auch Kips frische Ehe mit Tisis und ihre Stellung als einzige Frau in der Gruppe um Kip. Derbe, pubertäre Witze sind an der Tagesordnung, was ich authentisch, aber auch anstrengend fand. Positiv ist allerdings, dass Tisis sich das nicht bieten lässt und mit ebenso scharfen Sprüchen zurückschießt und sich dadurch ihre Stellung an Kips Seite mehr als verdient. Gerade zu Beginn, aber auch zwischendurch, ist das Sexleben der beiden von Bedeutung. Hier war ich sehr positiv überrascht, dass Brent Weeks die "Erkrankung" Vaginismus eingebaut hat und das auf eine - wie ich finde - für einen Mann sehr einfühlsame Art. Er macht damit auf ein kaum bekanntes Problem aufmerksam und schreibt auch extra ein Nachwort dazu. Sehr lobenswert!

Deutlich interessanter fand ich aber die Entwicklung von Karris als neue Weiße, die ebenfalls mit Vorurteilen zu kämpfen hat und mehrfach unterschätzt wird. Selbes geschieht auch Teia, die weiterhin ein risikoreiches Spiel als Doppelspionin spielt. Beide Charaktere finde ich schon von Beginn der Reihe an sehr interessant und ihre Entwicklung ist nachvollziehbar und zeigt auf, dass sich auch Frauen in dieser Welt behaupten können und es zu nutzen wissen, dass man sie leicht unterschätzt. Bei Teia musste ich auch zwangsläufig immer mit bangen, wenn sie auf Mörder Spitz traf - selten einen so gruseligen und unberechenbaren Charakter getroffen!
Den Part mit Gavin lese ich weiterhin aber am liebsten. Er ist einfach eine unfassbar spezielle Persönlichkeit und auch in diesem Band gab es wieder Erkenntnisse über ihn, die ich nicht erwartet hatte. Nicht wirklich klar wurde allerdings, warum sein Vater ihn so lange am Leben lässt. Andererseits ist Andross ebenfalls eine extrem spezielle Person, die kaum zu durchschauen ist. Da tun sich Vater und Sohn nicht viel. Ich hoffe, das wird im nächsten Band dann nochmal aufgegriffen. Jedenfalls wird auch Gavin endlich in Position gebracht, um wieder aktiver an der Handlung teilzunehmen.

Was mir irgendwie auch erst in diesem Band richtig bewusst wurde, ist die Bedeutung der Religion hinter dem Weltentwurf. Klar, dass Orholam als Gott in den Sieben Satrapien angebetet wird und der Weiße König die Armee der Heiden anführt, wurde auch vorher schon deutlich. Aber irgendwie wurde mir trotzdem erst jetzt vollends bewusst, dass das Ganze sehr an das Christentum erinnert - und die Handlung eigentlich aus streng Gläubigen besteht, die die Ungläubigen los werden wollen bzw. auch andersherum. Wobei ich es gut finde, dass die Protagonist*innen nicht alle gleich gläubig bzw. sogar ungläubig sind. Und das Ganze "göttliche" scheinbar auf eine weniger religiöse und mehr magische Art heruntergebrochen wird. Vermutlich macht das alles grad wenig Sinn, aber ohne groß zu spoilern, kann ich nicht näher ins Detail gehen. Ich hoffe jedenfalls, dass in den nächsten Bänden nicht herauskommt, dass es Orholam im Sinne eines allmächtigen, überirdischen Gott tatsächlich gibt, sondern der magische Ursprung "naturwissenschaftlicher" zu ende geführt wird.

Alles in allem fand ich den Band etwas schwächer als die vorherigen, da er doch recht langatmig ist und auf den 850 Seiten letztlich relativ wenig passiert. Man hätte das deutlich kürzen können. Zudem endet er sehr unspektakulär (was mich doch irritiert hatte, denn auch das wirkt, als handle es sich um einen geteilten Band, aber soll es nicht sein, puh...) Dennoch gab es auch viele interessante Entwicklungen, sodass ich sehr gespannt bin, wohin die Reise die einzelnen Protagonist*innen noch führt.
Die Licht-Reihe:

    Band 1 - Schwarzes Prisma
    Band 2 - Die blendende Klinge [meine Rezension]
    Band 3.1 - Sphären der Macht [meine Rezension]
    Band 3.2 - Schattenblender [meine Rezension]
    Band 4 - Düsterer Ruhm
    Band 5.1 - Brennende Spiegel
    Band 5.2 - Lichtbringer (November 2020)

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