Sonntag, 24. November 2019

[Rez] "Der Ozean am Ende der Straße" von Neil Gaiman

(c) Bildrechte: Bastei Lübbe
"Der Ozean am Ende der Straße"
von Neil Gaiman
Originaltitel: The Ocean at the End of the Lane
Verlag: Eichborn, 2014 | Bastei Lübbe, 2016
Einzelband | 240 Seiten
[HC, Eichborn] ISBN: 978-3847905790 | [TB, Bastei Lübbe] ISBN: 978-3404173853

~Klappentext~
Es war nur ein Ententeich, ein Stück weit unterhalb des Bauernhofs. Und er war nicht besonders groß. Lettie Hempstock behauptete, es sei ein Ozean, aber ich wusste, das war Quatsch. Sie behauptete, man könne durch ihn in eine andere Welt gelangen. Und was dann geschah, hätte sich eigentlich niemals ereignen dürfen...
~Meine Meinung~
"Der Ozean am Ende der Straße" war mein erstes Buch von Neil Gaiman, sodass ich ganz unvoreingenommen an die Geschichte herangehen konnte. Und ich glaube, das muss man auch, um sie richtig wirken zu lassen. 

Die Rahmenhandlung, die im Prolog und Epilog aufgegriffen wird, beschreibt den Besuch eines Mannes am Ort seiner Kindheit, an die er mittlerweile kaum noch Erinnerungen hat. Doch als er dann den alten Bauernhof besucht, an dem er als 7-Jähriger ein ungewöhnliches Abenteuer erlebt hat, kommen die Erinnerungen zurück...
In der Haupthandlung begleitet man den 7-Jährigen Protagonisten durch eben dieses Abenteuer, das zunehmend fantastischer Natur wird.

Der Junge (dessen Name tatsächlich nie genannt wird) erzählt aus der Ich-Perspektive, sodass man alles aus den Augen eines Kindes beschrieben bekommt, nur gelegentlich unterbrochen durch die eingestreuten Gedanken des Erwachsenen-Ichs. Die Sicht auf die Welt ist dadurch eine recht naive, was mir in manchen Situationen auf den ersten Blick merkwürdig erschien. So nimmt er für mich bedrohliche oder unnormale Ereignisse quasi einfach hin, während anderes ihm Angst einjagt. Doch dies unterstreicht nur die verschiedenen Sichtweisen zwischen Kindern und Erwachsenen, die auch immer wieder im Buch thematisiert werden. Mir führte das tatsächlich vor Augen, wie anders man als Erwachsener denkt, wie schnell man Neues mit Unwohlsein aufnimmt, was man als Kind vielleicht einfach nur interessant gefunden hätte. Und wie rätselhaft, autoritär und bedrohlich Erwachsene auf Kinder wirken können. Die Fantasie, die man als Kind noch hat, spielt dabei sicherlich eine große Rolle, und mit der man fantastische Ereignisse als Möglichkeit annimmt.
Aus dieser Grundstimmung heraus werden die Ereignisse, die dem Jungen passieren, nicht wirklich erklärt, sondern als Tatsache dargestellt, die er nur am Rande hinterfragt. So leben auf dem Bauernhof drei Frauen - die Hampstocks: Großmutter, Mutter und Tochter - die sich mit der fantastischen Welt, die der Junge versehentlich entdeckt, bestens auszukennen scheinen und die Magie wirken können. Durch ihr Wissen und ihr Auftreten wirken sie wie eine Einheit, wie eine Göttin, die zeitgleich in verschiedenen Altersstufen auftritt. Bei ihnen fühlt der Junge sich sicher und geborgen, während die Geschehnisse bei ihm zuhause nichts für schwache Gemüter (Stichwort: Kindesmisshandlung) sind. Die neue Haushälterin, die anstelle der hart arbeitenden Eltern auf den Jungen und seine kleine Schwester aufpassen soll, wird von ihm als Bedrohung wahrgenommen, die seine Freiheiten einschränken will und ihn für Regelverstöße bestraft. Aus dieser schwierigen Situation daheim heraus, entstehen die magischen Ereignisse, bei denen sich Realität und Fantasie vermischen.
Etwas irritiert hat mich nur, dass die Mutter des Jungen kaum eine Rolle spielt, obwohl sie - wäre sie nur einmal für ihren Sohn wirklich da gewesen - die Probleme hätte aufklären können.

Mir hat der Roman insgesamt unglaublich gut gefallen. Er übt einen ganz besonderen Sog aus, der aus dem Mix des schönen, leicht poetischen Schreibstils mit der düsteren, wehmütigen Atmosphäre, den teils schwer zu verdauenden Szenen und der Magie in dem Ganzen entsteht. Definitiv eine Empfehlung an jeden, der eine besondere Geschichte sucht und sich auch darauf einlassen kann.

Weitere Meinungen
Gemeinsam gelesen mit: Dana von Buchtraumwelten (5/5)

4 Kommentare:

  1. Hallo liebe Alica,

    es war mir eine Ehre, dieses Buch gemeinsam mit dir zu lesen. :D

    Und mir fällt jetzt erst auf, wie gut das deutsche Cover eigentlich zu der Geschichte passt. xD

    Auf jeden Fall aber eine absolut tolle Rezension, die einige Aspekte deutlich treffender beschrieben hat als ich und der ich nichts hinzuzufügen habe! ♥

    Ganz liebe Grüße ♥

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    1. Mir hat es Spaß gemacht! ♥ :D
      Und ich finde das Cover auch echt super schick! Macht sich auch im Regal ganz gut. XD

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  2. Hallo liebe Alica,
    von Neil Gaiman habe ich bislang erst zwei Bücher gelesen. Ich mag seinen Schreibstil sehr gerne. Der Ozean war eines der Bücher, die ich gelesen habe. Ich kann deine Begeisterung absolut nachvollziehen. Wirst du noch weitere Werke von ihm lesen?

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Ich habe auf jeden Fall noch mehr seiner Bücher auf der WuLi, zB Coraline oder The Graveyard Book. Mal sehen, wann die bei mir einziehen dürfen. :) Welches Buch von ihm hattest du denn noch gelesen?

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