Freitag, 18. September 2020

[Rez] "Instagirl" von Annette Mierswa

(c) Bildrechte: loewe
"Instagirl"
von Annette Mierswa
Verlag: loewe, 2018
Einzelband | 224 Seiten
[TB] ISBN: 978-3-7432-0121-7
 
~Klappentext~
Kaum postet Isi auf Instagram das erste Selfie, flattern die Herzen nur so herein.
Ohne Photoshop und Filter ist Isis Alltag bald viel zu langweilig und sie beginnt, immer mehr Zeit in ihren Kanal zu stecken – und in ihr Äußeres. Plötzlich interessiert sich sogar Kim, das It-Girl der Klasse, für Isi und lädt sie zu den viel cooleren Partys ein! Jetzt müssen natürlich richtig außergewöhnliche Selfies her – selbst, wenn sich Kim und Isi dadurch in Lebensgefahr bringen ...
~Meine Meinung~
Isis Eltern trennen sich plötzlich, quasi von einem Tag auf den anderen. Als wäre das nicht schlimm genug, zieht ihr Vater nach Tokio um und ihre Mutter schleppt direkt einen neuen an. Der dann auch noch Isis Kaninchen weglaufen lässt. Isi ist mit den Nerven am Ende, fühlt sich von allen allein gelassen und kann auch nicht mehr daran glauben, dass ihre Freunde wirklich für immer zu ihr halten werden.
Auf der Suche nach mehr Halt im Leben, lässt sie sich auf Kims Social-Media-Beratung ein, die beinhaltet, dass Isi ein optisch ganz neuer Mensch wird, einen neuen Instagram-Account eröffnet, auf dem sie zukünftig "Livestyle-Influencerin" sein soll und nur noch mit Kim und deren deutlich älteren Freunden abhängt.

Das Buch beschreibt zum einen sehr anschaulich, was passiert, wenn man an "die falschen" Leute gerät und zum anderen, was der Social-Media-Wahn mit (jungen) Menschen anstellen kann. Isi lässt sich von Kims Erfolgen bei Instagram einlullen, möchte ebenso anerkannt und beliebt sein. Dass sie dafür ihr Aussehen verändern und ihre Fotos stark bearbeiten muss, stört sie nur am Rande. Sie denkt, zu sein wie Kim, würde ihrem Leben mehr Bedeutung und Sicherheit geben. Doch auch Kims kühle, erwachsene Fassade ist nur Show...

Mir hat gefallen, wie Isi immer stärker in den Sog der vermeintlich "Beliebten/Erfolgreichen" gerät. Wie sie ihre eigenen Vorstellungen ihres bisherigen Lebens und alles, was ihr bisher wichtig war, nach und nach ablegt und sich nur noch auf Kim fixiert. Isi tauscht ihre langjährigen Freunde gegen Kims lockere Bekanntschaften aus, mit denen sie wilde Partys feiert und mehr als einmal in brenzlige Situationen gerät. Bis es eskaliert.
"Instagirl" ist entsprechend ein kurzer Roman über eine toxische Freundschaft, die Isi komplett verändert. Eine Triggerwarnung hätte ich gut gefunden, denn der Roman entwickelt sich doch ernster als ich im Vorfeld angesichts der Zielgruppe ab 12 Jahren angenommen hatte.
Magersucht und versuchte Vergewaltigung

Was mir allerdings nicht gefiel, waren Isis Gedanken. Es blieb für mich bis zum Ende nicht greifbar, warum sie sich auf Kim so sehr einlässt. Ja, ihr Leben läuft gerade unerfreulich und neben der Trennung ihrer Eltern gibt es noch die klassischen Klischee-Missverständnisse, aber besonders ihre beste Freundin hält die ganze Zeit weiter zu ihr. Immer wieder denkt Isi, dass sie zu weit geht, dass Kim nicht der richtige Umgang ist - und tut es dann doch mit einem "egal, jetzt bin schon dabei" ab.
Als Leser*in merkt man auch schnell, dass mit Kim etwas nicht stimmt, aber die Auflösung dazu am Ende ist unbefriedigend. Ich hätte mir eine psychologische Erklärung gewünscht, auch in Hinblick darauf, dass niemand ihr hilft bzw. es nicht erkannt wird, dass sie Hilfe braucht. So bleibt man am Ende etwas ratlos zurück und weiß nicht, wie man selbst in so einer Situation richtig handeln könnte.

4 Kommentare:

  1. Hallo liebe Alica,
    die Geschichte hört sich sehr tragisch an. Ich habe mir gerade deine Spoilerwarnung angesehen. Das sind schon sehr heftige Themen.
    Du schreibst im letzten Absatz, dass Isi niemand hilft und keiner zu erkennen scheint, dass sie Hilfe benötigt. Ich fürchte diese Beschreibung kommt sehr realistisch daher. Viel zu viele Menschen interessieren sich nicht für ihr Gegenüber und viel zu wenig Menschen sind bereit zu handeln.

    Deine Rezension hat mich sehr bewegt. Momentan versuche ich standhaft zu bleiben, was neue Bücher angeht. Aber du hast hier definitiv mein Interesse geweckt. Vielen Dank für diese interessante Buchvorstellung <3

    Liebe Grüße
    Tanja

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    1. Ja, für ein Buch ab 12 Jahre waren die Themen schon krass. :O
      Stimmt leider... und es wird auch angedeutet woran es liegt. Aber irgendwie fand ich es trotzdem schade, dass das Buch nicht damit endet, dass doch geholfen wird - was ich mir gerade für junge Leser*innen auch wichtig vorstelle, zu wissen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine gelassen werden.

      Das freut mich! Ich werde definitiv auch noch mehr von der Autorin lesen! Und das Buch ist wirklich schnell gelesen und auch gar nicht so teuer. ;) ;)

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  2. Hallo Alica

    Dieses Buch kannte ich noch gar nicht, aber der Titel allein hat mich schon neugierig gemacht. Ich hatte ja schon fast gehofft, dass sich der Inhalt um die teilweise auch schädlichen Folgen von Social Media Plattformen befasst, vor allem weil auf Instagram viel mehr Schein als Sein ist.

    Schade, dass dich das Buch insgesamt nicht vollends überzeugen konnte, aber die Thematik spricht mich sehr an und ich behalte mir das Buch mal im Hinterkopf. :)

    Liebe Grüsse
    Mel

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    1. Tatsächlich kommt Instagram eher als "Nebeneffekt" vor, nicht allzu ausführlich. Es geht wirklich mehr um die Kombination aus "falscher" Freundin und der Anerkennung, die man via Social Media aber auch durch den Umgang mit "toxischen" Personen bekommen kann.
      Definitiv trotz meiner Kritikpunkte lesenswert. :)

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